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Die neue Europäische BürgerInnen-Initative für bezahlbares Wohnen. Ist sie eine Unterschrift wert?

Rechtzeitig zur EU-Wahl Ende Mai startete vor kurzem die Europäische BürgerInnen-Initiative (EBI) für bezahlbares Wohnen. Koordiniert wird das Vorhaben vom Wiener Verein „Europeans for Affordable Housing - Für bezahlbares Wohnen in Europa“, ist aber laut Eigenangaben auf eine private Initiative von Menschen aus sieben verschiedenen europäischen Ländern zurückzuführen. Die EBI-KoordinatorInnen kritisieren die hohen, zuletzt stark gestiegenen Wohnkosten und leiten daraus fünf konkrete Forderungen an die EU-Kommission ab.


Die EIB funktionieren dabei in etwa wie eine Mischung aus Onlinepetition und Volksbegehren. Ein großer Vorteil ist, dass sowohl online als auch auf Papier unterzeichnet werden kann. Formelles Ziel einer jeden EIB ist es, innerhalb eines Jahres EU-weit zumindest 1 Million Unterschriften zu sammeln. Zugleich muss ein bestimmtes Quorum in sieben oder mehr Staaten erreicht werden – dann muss sich die Europäische Kommission mit dem Thema befassen. Auf welche Weise sie das tut ist ihr, ähnlich wie dem Nationalrat beim österreichischen Volksbegehren, freigestellt. Somit ist das Instrument der EIB auf den ersten Blick relativ zahnlos, ermöglicht aber eine EU-weite Mobilisierung und Themensetzung zu wichtigen Anliegen der Bevölkerung.

Zentrales Anliegen der neuen Initiative ist es „die Rahmenbedingungen für bezahlbares Wohnen zu verbessern.“ Obwohl die meisten wohnungspolitischen Fragen auf nationaler Ebene entschieden werden, stellt die EU wichtige Weichen die leistbares Wohnen erleichtern oder erschweren können. Europäische Sparprogramme wie die so genannte Schuldenbremse bzw. die Maastricht Kriterien zur Staatsverschuldung verunmöglichen beispielsweise expansive Sozialinvestitionen. Dementsprechend lautet eine der Forderungen „keine Anwendung der Maastricht-Kriterien auf öffentliche Investitionen in leistbaren Wohnbau“. Weitere Anliegen von Europeans for Affordable Housing sind u.A. ein „besserer Zugang zu EU-Finanzmitteln für gemeinnützige und nachhaltige Wohnbauträger“ sowie eine einheitliche und sozial verträgliche Regelung zu Kurzzeitvermietungen á la AirBnB & Co.

Letzteres Phänomen stellt in vielen europäischen Städten durch den profitorientierten Entzug von Wohnraum ein steigendes Problem dar. Dabei entsprechen die oftmals bemühten Bilder, beispielsweise von dem Studenten der während seines Erasmus-Aufenthaltes sein kleines WG-Zimmer vermietet, selten der Realität. AirBnB und Konsorten werden mittlerweile mehrheitlich von professionell arbeitenden, Mehrfacheigentümern beherrscht. Selbst in der relativ beschaulichen Stadt Salzburg werden laut einer kürzlich veröffentlichten Studie rund 700-800 Wohnungen zumindest temporär dem Wohnungsmarkt entzogen. Dabei macht das vorgeblich klassische Home-Sharing nur 25% der Angebote aus. Rund fünf Prozent der Anbieter offerieren fast 30 Prozent der Wohnungen und auch „der Großteil der Einnahmen konzentriert sich auf einige wenige Anbieter. Fast die Hälfte der Einnahmen aus Airbnb-Vermietungen entfallen auf Betreiber, die pro Monat mehr als 4500 Euro brutto lukrieren.“ so der Co-Autor der Studie, Christian Smigiel.

Wenngleich das Instrument der EBI bei weitem ausbaufähig ist, so kann selbst eine abgewiesene Initiative große Auswirkungen auf die politische Auseinandersetzung mit zentralen Anliegen der europäischen BürgerInnen haben. Die aktuelle EBI spricht ein solches Topthema an und gießt einige der Hauptkritikpunkte an der neoliberalisierten Wohnungspolitik in konkrete, europapolitische Forderungen. Der Forderungskatalog könnte noch detaillierter sein und auch mehr Hintergrundinformationen wären sicherlich eine Überlegung wert, um die kritische Auseinandersetzung der BürgerInnen mit dem Thema Wohnen zu fördern. Nichtsdestoweniger, möchte ich an dieser Stelle der Initiative nicht nur viel Erfolg wünschen, sondern lade auch explizit dazu ein die Petition zu unterzeichnen.